Zusammenkunft im Fahrstuhl erfüllt keinen Bußgeldtatbestand

Zusammenkunft im Fahrstuhl erfüllt keinen Bußgeldtatbestand

Der Landkreis Gießen hat als zuständige Ordnungsbehörde die Ermittlungsverfahren nach dem als „Fahrstuhlgate“ in den Medien bekannt gewordenen Vorfall am Universitätsklinikum Gießen eingestellt. Maßgeblich dafür sind die Bestimmungen der Dritten Corona-Verordnung des Landes, die zum Zeitpunkt des Vorfalls im April galten. Danach ist die gemeinsame Fahrt einer Reihe von Personen ohne Mindestabstand im Aufzug des Klinikums keine Ordnungswidrigkeit, weil sie als dienstliche Zusammenkunft erlaubt war und die damals geltende Verordnung für dienstliche Zusammenkünfte keine Verpflichtung zur Einhaltung eines Mindestabstands vorgesehen hat.

Im Rahmen von Ordnungswidrigkeitsverfahren waren in den vergangenen Wochen Anhörungen an insgesamt neun Personen erfolgt, darunter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun, Ministerpräsident Volker Bouffier, Staatsminister Kai Klose sowie Beschäftigte des Universitätsklinikums. Anhaltspunkt war ein in den Medien veröffentlichtes Foto, das die Personen während eines offiziellen Besuchs gemeinsam in einem Aufzug des Klinikums in Gießen zeigte.

Landrätin Schneide: „Situation war unglücklich und vermeidbar“

„Die Ordnungsbehörde prüfte, ob das Unterschreiten des Mindestabstands einen Verstoß gegen die damals geltende Dritte Corona-Verordnung des Landes darstellte“, erklärt Landrätin Anita Schneider. Einbezogen wurden umfangreiche Stellungnahmen des Universitätsklinikums sowie des hessischen Ministerpräsidenten.

Konkret ging es darum, ob im Sinne der Verordnung ein unzulässiges Verhalten vorlag, das einen Bußgeldtatbestand erfüllte. Dies sei aber nicht der Fall, erläutert die Landrätin. Zwar ließ die im April geltende Regelung einen Aufenthalt im öffentlichen Raum nur alleine, mit einer weiteren in einem fremden Haushalt lebenden Person oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes zu – von dem hieraus folgenden Kontaktverbot nahm die Verordnung aber unter anderem geschäftliche, berufliche oder dienstliche Zusammenkünfte aus. Und um eine solche Zusammenkunft hat es sich hier gehandelt.

Lediglich zwei Verstöße waren nach der damals geltenden Corona-Verordnung ordnungswidrig: Der Verstoß gegen das Kontaktverbot sowie öffentliche Verhaltensweisen, die geeignet waren, das Abstandsgebot zu gefährden – beispielsweise gemeinsames Feiern, Grillen oder Picknicken. Bei erlaubten Zusammenkünften war das Einhalten eines Mindestabstands von 1,5 Metern nach der Dritten Corona-Verordnung jedoch weder vorgeschrieben noch war ein Verstoß dagegen als Ordnungswidrigkeit bestimmt. Deshalb gibt es keine Rechtsgrundlage, um Bußgelder zu verhängen.

„Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Personen im Aufzug die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts zum Einhalten von Abständen nicht berücksichtigt haben, auch wenn dies rechtlich nach der damals geltenden Verordnung keine Folgen hat“, erklärt Landrätin Schneider. Diese Situation sei vermeidbar und gerade mit Blick auf die Funktionen der teilnehmenden Personen und den Anlass des Treffens unglücklich gewesen. Dies zeige auch die rasche Reaktion des Bundesgesundheitsministers, der nach dem Vorfall auf Twitter sein Fehlverhalten eingeräumt hatte.