„Positives Feedback“

Eine App fürs Dorf. Die Erwartungen sind groß und heute ist es soweit. Dornholzhausen ist eine von fünf Ortschaften, die an diesem von der EU geförderten Projekt des Landkreises teilnehmen. Die Umsetzung übernimmt das Gießener Unternehmen Fabrik19. Der Gießener Anzeiger ist als Medienpartner im Boot und sprach mit dem Langgönser Bürgermeister Marius Reusch und Ortsvorsteher Martin Edelmeier über die Erwartungen an den digitalen Dorfplatz.
„Als wir für das Projekt ausgewählt wurden, haben wir nicht lange überlegt und zugesagt“, freut sich Reusch auf die zukünftige Art der Interaktion mit den Bürgern. Auch Edelmeier ist überzeugt von den neuen digitalen Möglichkeiten. „Natürlich haben wir schon früher darüber gesprochen, wie man gemeindliche Dienstleistungen digital ausweiten kann. Die Dorf-App beinhaltet auch einen ,Dorffunk‘. Es gibt hier einen Austausch in Chatgruppen. Ich finde das spannend, unsere gemeindlichen Informationen dann auch in einem Bereich mit einzubinden.“ Für die Zukunft stellt sich Reusch vor, dass Vereinsvertreter ihre Veranstaltungen eintragen oder Bürger über die App einen Termin mit der Verwaltung vereinbaren. „Das ist ein Mehrwert, gleichzeitig ist die Dorf-App ein geschützter Ort für die Dorfgemeinschaft.“ Das ist dem Bürgermeister wichtig.QR-Code einscannenWer das Angebot nach dem offiziellen Start nutzen will, muss sich einmalig online registrieren, und erhält per Post einen individuellen QR-Code, der mit dem Smartphone eingescannt werden muss. Das schafft Vertrauen, auch für zukünftige, datensensible Erweiterungen. Im Endausbau kann sich der Bürgermeister vorstellen, dass der Pass oder dessen Verlängerung digital beantragt werden, aber auch geografische Karten aus der Gemeinde einzusehen sind.INFOTERMINE VOR ORT
App und Homepage
Rund 6000 Menschen in Königsberg, Oppenrod, Harbach, Dornholzhausen und Treis sind nun eingeladen, sich die App aufs Handy zu laden. Sie steht kostenlos zur Verfügung und ist über den Google Play Store und den Apple Store zu finden. Wer die App nach dem Herunterladen öffnet, sollte sich registrieren, um alle Funktionen nutzen zu können. Anschließend kommt per Brief ein QR-Code für das Einloggen. Zum Start wird es außerdem für jedes Dorf eine eigene Homepage geben, über die engagierte Bürger eigene Inhalte und Nachrichten in die App einbringen können.
Wichtig ist den Beteiligten des Pilotprojekts, alle Akteure und Generationen aus den Dörfern zu beteiligen. So hat der Kreis-Seniorenbeirat die Bereitschaft signalisiert, ältere Menschen in der Handhabung von Laptop und Smartphone fit zu machen. Gemeinsam mit der Kreisvolkshochschule ist im Spätherbst vorgesehen, Interessierten aus den Vereinen der fünf Dörfer noch einmal intensiv Tipps zu geben, wie sie über die App Inhalte bereitstellen können. Für Bürger, die eigene Inhalte in die App einbringen möchten, wird es ebenfalls zeitnah Schulungen bei der VHS geben. Die Termine werden noch bekannt gegeben. Infos zum Projekt gibt es im Internet unter dorfleben.lkgi.de. (red)Ortsvorsteher Edelmeier setzt zudem auf komprimiertes Wissen über den Ort, das in der App zu finden sein wird. Er weiß zwar, dass sein Wohnort bereits gut vernetzt ist. Die Dornholzhäuser sind eine Gemeinschaft. Da falle es Neubürgern erst einmal schwer, sich einen Überblick zu verschaffen. Sie können mit der Dorf-App auf ihrem Smartphone sofort sehen, was im Dorf los ist. „Hier gibt es eine sehr gute Vereinsstruktur, allerdings hat jeder seine WhatsApp- oder Facebook-Gruppe. Das ist manchmal schon unübersichtlich.“ In der Dorf-App kann man maßgeschneidert auf Angebote vor Ort zugreifen. Bereits jetzt ist der Müllabfuhrkalender aufrufbar, Öffnungszeiten finden sich dort und lokal zugeschnittene Nachrichten. Schritt für Schritt folgt der weitere Ausbau. Ein agiler Prozess, in den die Dorfbewohner eingebunden werden sollen.Der Ortsbeirat hat sich gleich nach der Auswahl Dornholzhausens für das Projekt zusammengesetzt und ein Organigramm erarbeitet, was die App alles können soll.
Ihm und Reusch ist besonders wichtig, dass die Ortsbürger einen virtuellen Marktplatz betreten können. Den Bürgerbus oder die Bürgerhäuser über die App buchen zu können, ist ein weiterer Wunsch. Edelmeier möchte auch das Anruflinientaxi einbinden: „Das ist in der Regel nicht überfüllt und könnte durch eine App mehr Aufmerksamkeit bekommen.“ Bisher müsse es per Telefon geordert werden, der Mobilfunkempfang lasse zu wünschen übrig. „Wir brauchen eine bessere Mobilfunkversorgung“, unterstreicht Reusch in diesem Zusammenhang. „Auf dem Scheidt“ auf benachbartem Hüttenberger Gebiet sei jetzt ein Bauantrag für einen Mast gestellt worden.Der Bürgermeister möchte in der Dorf-App so schnell wie möglich Schnittstellen zur gemeindlichen Homepage umsetzen lassen, sodass Infos direkt in die App einlaufen, wie der digitale Veranstaltungskalender der Kommune. Sukzessive wird die App in den kommenden Monaten weiterentwickelt, die Pilotphase dauert zwei Jahre.Die Senioren sehen beide als wichtige Personengruppe an. Für sie müsse die Bedienung attraktiv sein, betont Reusch. Man müsse sich immer wieder fragen: „Wie senkt man die Einstiegsschwelle? Da müssen wir bei den Fachbegriffen abrüsten.“ Es sei angedacht, Volkshochschulkurse anzubieten. „Das sind wir am Organisieren. In der Diskussion ist auch das Aufstellen einer Informations-Stele pro Dorf. Das wird aber noch diskutiert, da es auch ein Kostenpunkt ist.“Der Ortsvorsteher betont jedenfalls: „Die Dorf-App kommt positiv an, gerade bei den älteren Mitbürgern, die bereits WhatsApp nutzen. Natürlich fragen sich auch manche: ,Brauchen wir das?'“ Bei einem sind sich Reusch und Edelmeier allerdings uneins. Sollen nur Dornholzhäuser Zugriff haben? Reusch findet, dass es nur die Ortsbürger sein sollten. Edelmeier meint jedoch, dass auch der Chorleiter eines örtlichen Gesangvereins, der nicht im Ortsteil wohnt, einen Zugang erhalten sollte.Wirtschaft stärkenEinen großen Wunsch hat der Bürgermeister noch. Er will die lokale Wirtschaft gerade in Corona-Zeiten stärken und eine private Langgönser Initiative, eine Plattform für örtliche Gewerbetreibende, in die App mit einbinden. „Da kann man schon seine Pizza online bestellen, aber sich auch etwas liefern lassen“, erklärt er.Und wie sieht es mit der Dorf-App aus, wenn die EU-Förderung beendet ist? Reusch kann sich vorstellen, dass die Gemeinde Wartungskosten übernimmt, hofft aber auch auf das Sponsoring durch die Wirtschaft vor Ort.
Infos rund um das Projekt gibt es auch direkt vor Ort: Ein Team der Fabrik19 wird die fünf Orte besuchen und Fragen beantworten. Wer möchte, kann sich direkt am Infostand für die Nutzung aller Funktionen freischalten lassen. Zu finden sind die Infostände am Donnerstag, 15. Oktober, von 14 bis 17 Uhr in Treis (Festplatz vor der Sporthalle), am Freitag, 16. Oktober, von 10 bis 13 Uhr in Harbach (am Dorfgemeinschaftshaus) sowie von 14 bis 17 Uhr in Oppenrod (am Bürgerhaus) und am Samstag, 17. Oktober, von 10 bis 13 Uhr in Dornholzhausen (am Bürgerhaus). Am Mittwoch, 21. Oktober, besteht für die Königsberger zwischen 16 und 19 Uhr die Möglichkeit, sich am Bürgerhaus registrieren zu lassen.
Von Ernst-Walter Weißenborn/Gießener Anzeiger