Langgönser Bauausschuss informiert sich über geplantes Recyclingszentrum

Langgönser Bauausschuss informiert sich über geplantes Recyclingszentrum

Die kritischen Stimmen sind zahlreich, deswegen will die Gemeinde Langgöns dem Thema mit der „größtmöglicher Transparenz“ begegnen.

LANGGÖNS (ikr). Nachdem der Pachtvertrag mit der Firma Steinbruch Niederkleen GmbH Ende 2017 geschlossen wurde und der Betrieb im Januar 2018 startete, plant das Unternehmen nun die Entwicklung eines „zeitlich befristeten Recyclingszentrums für mineralische Sekundärbaustoffe“. Dafür muss die Bauleitplanung angepasst, der Flächennutzungsplan in diesem Bereich geändert und der Bebauungsplan zur Offenlage vorbereitet werden. Im Langgönser Bauausschuss wurde darüber gemeinsam mit dem Ortsbeirat Niederkleen beraten.

Rund 15 Besucher verfolgten die Sitzung. Weil es bereits in der Vergangenheit beim Thema „Steinbruchnutzung“ vielfach zu kritischen Beiträgen von Bürgern aus Niederkleen kam, verfolgt die Gemeinde Langgöns eine Strategie „größtmöglicher Transparenz“. So hatte es Bürgermeister Marius Reusch (CDU) schon vor einiger Zeit versprochen. Er wurde am Donnerstagabend vom Ersten Beigeordneten Hans Noormann (Grüne) vertreten.

Auf 50 Jahre befristet

Zunächst stellte Holger Fischer vom gleichnamigen Planungsbüro aus Wettenberg in einer Präsentation detailliert die Planungen vor und stand anschließend, ebenso wie Ralph Lang, einer der drei Geschäftsführer der Steinbruch Niederkleen GmbH, für Fragen zur Verfügung. Viele davon waren bereits vorab zugestellt worden.

In dem Kalksteinbruch wird seit Jahrzehnten Kalkstein abgebaut. Dies soll bis 2036 so weitergehen. Aktuell umfasst der Abbaubereich etwa 22,3 Hektar. Die Weiterverarbeitung des Materials erfolgt auf dem Betriebsgelände, wo das Gestein gebrochen und mittels Siebanlage in verschiedene Korngrößen zerlegt wird. Ein Teil des Materials wird in dem unmittelbar an den Steinbruch angrenzen Betonwerk zu Transportbeton weiterverarbeitet. Nun soll auf dem Gelände in einer Bodenaufbereitung durch mechanische und physikalische Trennverfahren am (zum Beispiel Auflösung durch Wasser), steinige oder kiesig-sandige Bestandteile voneinander getrennt werden. „Das eingesetzte Wasser wird im Sinne eines geschlossenen Wasserkreislaufs in Absetztanks aufbereitet und dem Reinigungsprozess wieder zugeführt“, betonte der Planer. Ziel der Bodenaufbereitung, die auf 50 Jahre befristet sein soll, sei es, noch nutzbare steinige oder Sand- und kieshaltige Böden gerade nicht zu verfüllen, sondern gezielt zu trennen und aufzubereiten und die getrennten Kornfraktionen als Baustoffe wiederzuverwenden.

Die Produkte des Recyclingszentrums können dann erneut bei Hoch- und Tiefbaumaßnahmen verwendet werden. Perspektivisch soll auch unbelasteter Bauschutt aufbereitet werden. Als Vorteile nannte Fischer den nachhaltigen Abbau der Lagerstätte durch Schonung der Primärrohstoffe, die Schonung von „Deponie“-Kapazitäten und die Reduzierung von CO2-Emissionen durch die Einsparung von Einweg-Transporten.

Um dieses Vorhaben rechtlich abzusichern, muss im Rahmen der Bauleitplanung im Flächennutzungsplan eine Sonderbaufläche ausgewiesen und der Bebauungsplan aufgestellt werden. Der Beschluss zu dieser Änderung wurde von der Gemeindevertretung bereits im Dezember 2018 gefasst.

In der ersten Stufe des Bauleitplanungsverfahrens wurden die zuständigen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sowie die Öffentlichkeit im Zeitraum von Anfang Oktober bis Anfang November 2019 beteiligt. Hieraus entstand eine Entwurfsfassung für die Flächennutzungsplanänderung, die demnächst erneut zur Einsichtnahme offengelegt werden soll. „Dann haben alle noch einmal die Möglichkeit zur Einsicht“, betonte Hans Noormann mehrfach.

Misstrauen

Erwartungsgemäß zeigte die Fragerunde und Diskussion, dass bei einigen Bürgern und Gremiumsmitgliedern Misstrauen gegenüber der Betreiberfirma herrscht. Insbesondere der Begriff „Bodenwäsche“ sorgte für Kritik, bedeutet er doch vor allem die Wiederaufbereitung kontaminierter Materialien. Genau die sollen laut Lang aber nicht auf das Gelände gelangen.

Zugleich machten die kritischen Niederkleener mit Klaus Textor und Axel Röhrig an der Spitze deutlich, warum sie das Gelände für die vorhandene und geplante Nutzung für ungeeignet halten: Insbesondere das Abpumpen „erheblicher“ Grundwassermengen steht dabei in der Kritik. Lang betonte immer wieder, dass alle Aktivitäten des Unternehmens seitens der Behörden genehmigt seien: „Ich habe keine Lust da irgendwelchen Schindluder zu treiben!“ Noormann unterstrich:“ Wir machen hier ein transparentes Verfahren, das notwendig ist, um Akzeptanz zu bekommen, es geht auch um vertrauensbildende Maßnahmen.“ Zugleich würdigte er das Engagement der kritischen Bürger, deren fundiertes Sachwissen nicht nur ihn beeindruckte.

Als durch Hans Dern (Grüne) eher zufällig publik wurde, dass die Steinbruch GmbH zehn Millionen für das Projekt in die Hand nehmen möchte, kam im Publikum erneut der Verdacht auf, dass da etwas anderes geplant sei: So viel Geld nur fürs Steinewaschen? Andererseits gab es auch starke Befürworter unter den Besuchern, darunter Wolfgang Bork als Mitpächter und Bürgermeister a. D. Horst Röhrig.

Einmütig folgten die Ausschussmitglieder und der Ortsbeirat Niederkleen dem Vorschlag von Jürgen Knorz (CDU): Eine den Entscheidungsträgern noch nicht vorliegende fehlende Stellungnahme von Axel Röhrig soll weitergereicht werden, der Betreiber soll schriftlich fixieren, was er genau unter dem Begriff „Bodenaufbereitung“ versteht, das Ganze soll in den Fraktionen beraten, ohne Beschluss an die Gemeindevertretung verwiesen und dort schließlich abgestimmt werden.

Quelle: Gießener Anzeiger