Großen-Buseck: Ohne den Drahtesel geht nichts

Großen-Buseck: Ohne den Drahtesel geht nichts

Für Margit Domesle, Christa Hoffmann und Irmgard Krombach ist das Fahrrad das Verkehrsmittel der Wahl. Nahezu täglich sind die drei Seniorinnen radelnd unterwegs.
Großen-Buseck (ebp). Am kommenden Montag startet in der Gemeinde Buseck zum ersten Mal das „Stadtradeln“. Bis Ende August heißt es dann: Möglichst viele Kilometer erstrampeln, um sich am Ende mit den anderen teilnehmenden Kommunen zu messen. Doch egal ob „Stadtradeln“ oder nicht: Für Margit Domesle, Christa Hoffmann und Irmgard Krombach ist das Fahrrad so oder so das Verkehrsmittel der Wahl. Nahezu täglich sind die drei Seniorinnen aus der Großen-Busecker Bahnhofstraße mit ihren Drahteseln unterwegs und zeigen, dass man auch im hohen Alter noch radeln kann.
„Ich erledige alle Einkäufe mit dem Rad“, erzählt Margit Domesle. „Das ist Gesetz.“ Und wenn nicht alles in den Fahrradkorb passt? Dann fährt die 70-Jährige notfalls auch mehrmals zum Supermarkt. Gelernt hat sie das Fahren ungefähr mit sechs Jahren auf dem viel zu großen Rad ihrer Mutter, das diese kurz zuvor neu gekauft hatte. „Kinderfahrräder gab es ja damals noch gar nicht“, erinnert sie sich.
Christa Hoffmann war 14 Jahre alt, als sie sich ihr erstes Fahrrad kaufte. Drei Monate lang hatte sie dafür ihren Lohn aus der gerade begonnenen Ausbildung gespart. Mit dem Rad zum Arbeitsplatz nach Gießen zu fahren, sei für sie damals aber nicht in Frage gekommen: „Die Wege waren ja noch nicht so gut.“ Später in Buseck ging es dagegen stets auf zwei Rädern zur Arbeit, in der Regel schon früh morgens um halb 5. Früher, erinnert sich Hoffmann, sei der Griff zum Fahrrad vor allem für Frauen ohne Alternative gewesen: „Der Mann hatte in der Regel das Auto. Es waren ja nicht immer zwei Autos vorhanden.“ Jetzt ist die Großen-Buseckerin 77 Jahre alt und tritt noch immer früh morgens das erste Mal in die Pedale: wenn sie sich bei der Tankstelle die Zeitung holt.
Die älteste im Bunde ist Irmgard Krombach. Sie lässt sich auch vom Regen nicht davon abhalten, ihre Erledigungen mit dem Rad zu machen: „Man ist ja nicht aus Zucker.“ Am Radfahren schätzt sie das Unkomplizierte. „Es ist viel einfacher, mit dem Rad unterwegs zu sein, als mit dem Auto. Bis ich das aus der Garage geholt habe, bin ich mit dem Rad doch schon fast am Ziel.“ Einzig die teils zu schnellen Autofahrer machen ihr Sorgen. Da werde in der 30er-Zone nicht nur gerast, auch der vorgeschriebene Abstand gegenüber Radfahrern halte beim Überholen nicht jeder ein.
Die Initiative „Verkehrswende in Buseck“ setzt sich daher für Fahrradstraßen ein, um das Radeln sowohl attraktiver als auch sicherer zu machen – auch in der Großen-Busecker Bahnhofstraße. Radler hätten hier Vorrang und dürften beispielsweise auch nebeneinander fahren. „Für die Anwohner würde es ruhiger, Autofahrer müssten mehr Rücksicht nehmen und die Straße wäre weniger attraktiv für Durchgangsverkehr“, erläutert Markus Ihle für die Verkehrswende-Initiative. Ihle wohnt ebenfalls in der Bahnhofstraße, zusammen mit seiner Frau Beate Allmenröder wirbt er sowohl im eigenen Hof als auch auf den gegenüberliegenden Gehwegen für Fahrradstraßen und mehr Rücksicht der Autofahrer.
„Die Idee kommt nicht überall gut an“, hat Christa Hoffmann festgestellt. Manch einer fürchtet offenbar, dass Autos in Buseck künftig unerwünscht sein könnten. Man wolle jedoch niemandem das Autofahren verbieten, betont Allmenröder. Auch auf Fahrradstraßen dürfe man weiter mit dem Pkw unterwegs sein. Der Verkehr würde jedoch langsamer, zudem könnten Fahrradstraßen mehr Menschen zum Umstieg bewegen.
Gefährliche Situationen habe sie als Radfahrerin noch keine erlebt, erzählt Margit Domesle. Das liege wohl auch an der jahrzehntelangen Erfahrung. Wer heute vom Auto auf das Rad umsteigen wolle, fühle sich im Straßenverkehr oft unsicher. Aber auch wenn sie routiniert auf dem Sattel sitzt: „Ich suche mir den einfachsten Weg und fahre nicht über stark befahrene Straßen.“