Früherer Bundestagsabgeordneter und Landrat Veit verstorben

Im Alter von 71 Jahren ist Rüdiger Veit verstorben. Der SPD-Politiker war 19 Jahre Bundestagsabgeordneter und zuvor zwölf Jahre Landrat. Ein Schwerpunkt war immer die Sozialpolitik.
Kreis Giessen.Als Rüdiger Veit Ende Januar 1986 in seinem Büro in der Kreisverwaltung Platz nahm, war besonders das Führen einer großen Verwaltung völliges Neuland für ihn. Nach sechs Jahren als Kreistagsabgeordneter und sechs Monaten als Erster Kreisbeigeordneter bedeutete das Amt des Landrates für den Anwalt den berühmten Sprung ins kalte Wasser. Doch die Unerfahrenheit hat man ihm nie angemerkt. Zwölf Jahre war Veit Landrat, anschließend vertrat er den Wahlkreis Gießen/Alsfeld 19 Jahre lang im Bundestag. Seinen Überzeugungen ist der Sozialdemokrat immer treu geblieben, was zur Folge hatte, dass Veit nie zu den Lieblingen der Fraktionsspitze gehörte. Am Dienstag ist Rüdiger Veit nach schwerer Krankheit im Alter von 71 Jahren verstorben.
Ihn zeichnete aus, dass man sich immer auf sein Wort verlassen konnte. Und wenn er etwas anpackte, dann zog er es auch durch. Dabei war es keine einfache Zeit, als der gebürtige Berliner an der Spitze der Kreisverwaltung stand. So musste viel Geld in die Hand genommen werden, um die Schulen zu sanieren. Doch weil die Einnahmen nicht ausreichten, musste der Kreis in seiner Amtszeit beginnen, Schulden zu machen, um seine Aufgaben erfüllen zu können.
Ein Thema begleitete Veit während seiner gesamten Amtszeit: die Abfallpolitik. Wahre „Redeschlachten“ wurden im Kreistag geführt. Doch er stand zu der Entscheidung, eine Mülldeponie bei Holzheim zu errichten, nachdem in einem Auswahlverfahren die Entscheidung für diesen Standort gefallen war. Monatelange Proteste der Holzheimer und ihrer Unterstützer auf dem geplanten Deponiegelände waren die Folgen. Dabei ging es manches Mal recht rau zu. Bekanntermaßen wurde die Deponie nie gebaut.
Tatkräftige Unterstützung hatte er immer von Karl Starzacher, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, der auch Minister in Wiesbaden und Landtagspräsident war. Ihr Verhältnis war zwar nie spannungsfrei. Zwei gestandene Persönlichkeiten trafen aufeinander, die sich aber zu schätzen wussten und politisch fast immer den gleichen Weg einschlugen, um sich dabei gegenseitig zu unterstützen.
Der Schwerpunkt der politischen Arbeit Veits lag immer in der Sozialpolitik. Er setzte sich für die Schwachen ein und bestritt deshalb vor allem in der Flüchtlingspolitik einen Weg, der konsequenter war als der seiner eigenen Bundestagsfraktion. Konflikte gab es auch bei der Frage von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, denen er äußerst skeptisch gegenüberstand. Eines seiner größten Verdienste war die Gründung von Zaug, einer Beschäftigungsgesellschaft des Kreises, die er zusammen mit dem Gießener Kämmerer Harald Lührmann betrieben hatte. Es ging einfach darum, jungen Leuten durch Bildung den Weg in die Arbeitswelt zu ebnen. Es gab aber auch den fröhlichen Rüdiger Veit, der der gerne mit Freunden und Bekannten beisammensaß, was auch schon einmal länger dauern konnte.
Als Bundestagsabgeordneter war er nicht mehr so präsent in Landkreis. Das hatte aber auch damit zu tun, dass er seinen Lebensmittelpunkt nach Lauterbach verlegt hatte. Dort lebte er mit seiner zweiten Frau und seiner Tochter, die sein ganzer Stolz war. Von seiner schweren Krankheit wussten zu Beginn nur wenige Freunde. Nun trauern viele um einen Mann, der aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner politischen Arbeit Respekt und große Wertschätzung genießt.
Quelle: Gießener Anzeiger