Arbeiten wie vor der Pandemie

Arbeiten wie vor der Pandemie

KREIS GIESSEN – (red). Die „Corona-Disziplin“ auf dem Bau sinkt: Auf immer mehr Baustellen im Landkreis Gießen werde gegen Abstands- und Hygieneregeln verstoßen. Das kritisiert die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) in einer Pressemitteilung. „Viele Baufirmen nehmen die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus auf die leichte Schulter. Das ist fatal“, sagt die Vorsitzende der IG BAU Mittelhessen, Doris Hammes.
Immer häufiger werde wie vor der Corona-Pandemie gearbeitet. Viele Bauunternehmen blendeten die Gefahr einer Infektion einfach aus, so die IG BAU. Bei ihren Baustellen-Visiten stießen die Gewerkschaftsvertreter auf „grobe Corona-Sünden“: „Oft ist nicht einmal das Händewaschen möglich. Ein Waschbecken mit Seife und fließendem Wasser – Fehlanzeige. Von Desinfektionsmittel-Spendern ganz zu schweigen. Aber auch Sammeltransporte in Bullis sind schon längst wieder an der Tagesordnung. Genauso Frühstücks- und Mittagspausen dicht an dicht im Bauwagen“, sagt Doris Hammes.
Corona-Schutz auf dem Bau koste Geld. Doch diese notwendigen Kosten dürften die Bauunternehmen im Landkreis Gießen nicht scheuen, fordert die IG BAU Mittelhessen: „In der Corona-Pandemie zeigen die Beschäftigten volle Leistung. Dafür haben sie auch vollen Gesundheitsschutz verdient.“
Die Bezirksvorsitzende appelliert an die Betroffenen, strikt darauf zu achten, sich zu schützen: „Regelmäßiges Händewaschen, Schutzmasken und das Arbeiten mit Abstand gehören zu den To-Dos auf dem Bau. Denn Corona-Schutz ist Arbeitsschutz. Und den müssen Beschäftigte notfalls selbstbewusst einfordern“, macht Hammes deutlich.
Dass das Arbeiten unter freiem Himmel das Infektionsrisiko reduziere, sei nur die halbe Wahrheit. Spätestens beim Innenausbau und beim Sanieren sehe das dann schon ganz anders aus. Zudem lauere bei gemeinsamen Pausen eine hohe Infektionsgefahr. Ebenso auf dem Weg zur Baustelle im Sammeltransporter: „Hier müssen Arbeitgeber Einzelfahrten möglich machen – und den Bauarbeitern dafür auch etwas bieten“, fordert Doris Hammes. An- und Abfahrten zwischen Wohnort und Baustelle würden bislang in der Regel nicht entschädigt. „Dabei legen Bauarbeiter oft enorme Strecken zurück. Das ist verlorene Zeit für sie“, kritisiert die IG BAU-Bezirksvorsitzende. Für diese Wegezeit nichts zu bekommen, sorge für immer mehr Unmut und Ärger unter den Bauarbeitern. Immerhin diktiere der Chef, wer wann zu welcher Baustelle fahren müsse. Trotzdem hätten die Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen für das Bauhauptgewerbe zur Wegezeit kein Angebot auf den Tisch gelegt.