75. Porstendorfer Heimattreffen fällt Corona zum Opfer

75. Porstendorfer Heimattreffen fällt Corona zum Opfer

Seit 1946 haben sich die Porstendorfer in Staufenberg getroffen, einmal im Jahr kamen die Heimatvertriebenen hier zusammen. Jetzt musste das 75. Treffen wegen Corona abgesagt werden.

STAUFENBERGEs wäre das 75. Treffen der Porstendorfer und Uttigsdorfer gewesen – doch Corona machte dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung und unterbrach damit eine Folge von Heimattreffen, die ihresgleichen sucht. Seit 1946 kommen in Staufenberg Menschen zusammen, die in Folge des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Nicht nur sie, im Laufe der Jahre kamen auch Kinder und Kindeskinder mit, es wurden Erinnerungen, aber auch Neuigkeiten ausgetauscht. Die Teilnehmer kamen nicht nur aus Staufenberg oder der näheren Umgebung, manche nahmen weite Wege auf sich, um dabei zu sein. Jetzt gab Roland Heger, Sprecher der Porstendorfer in Staufenberg, mit Bedauern bekannt, dass das 75. Heimattreffen ausfallen muss. Es soll nach Möglichkeit im kommenden Jahr nachgeholt werden.

Transport

„Am 11. Februar erreichte der erste große Vertriebenentransport aus dem Sudetenland Gießen. Der Transport kam aus dem Schönhengstgau, der Gegend um Mährisch-Trübau und Zwittau und brachte unter anderem auch 300 Porstendorfer nach Oberhessen.“ Dies war im Juni 1956 in einem Rückblick im Gießener Anzeiger zu lesen. In dem Bericht heißt es weiter: „Bereits im Juli desselben Jahres fanden sich die in alle Winde zerstreuten Porstendorfer auf Burg Staufenberg zu ihrem ersten Treffen ein. Die Porstendorfer blieben ihrem Staufenberg treu. Alljährlich trafen sie sich hier und fühlten sich wieder, wenn auch nur für wenige Stunden, ,wie daheim‘.“ Die Initiative zu dem ersten Treffen kurz nach der Vertreibung im Jahr 1946 hatte der damalige Porstendorfer Bürgermeister Rudolf Keller ergriffen. Seither trafen sich die ehemaligen Porstendorfer einmal im Jahr in Staufenberg.

Ein Blick zurück: „Sie werden hiermit verständigt, dass Sie auf Grund des Auftrages des okresni národni vy´bor in Mährisch-Trübau in die amerikanische Okkupationszone nach Deutschland ausgesiedelt werden.“ So lautete die Aufforderung, die Anfang 1946 an viele Menschen in Porstendorf und Uttigsdorf ging. Roland Heger war damals erst dreieinhalb Jahre alt. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass er damals fast verloren gegangen sei. Die Waggons waren bereits verschlossen, als er noch mit einigen anderen Kindern draußen herum tobte, und plötzlich völlig alleine da stand. Zum Glück hatten ihn zwei Rotkreuzschwestern unter ihre Fittiche genommen und zurück zur Mutter gebracht. In den Güterwagen habe es weder Toiletten noch einen Ofen gegeben. Kurz vor Prag legte man in Kollin einen Zwischenstopp ein, wo man seine Notdurft verrichten konnte. Ohne weiteren Aufenthalt ging der Transport weiter über Prag nach Taus (heute Domazlice) bis kurz vor die Grenze. Die Vertriebenen wurden in deutsche Waggons umgeladen, hier gab es zumindest einen kleinen Ofen. Bei kurzen Aufenthalten wurde Brennmaterial gesammelt, sodass man sich ein wenig wärmen konnte. Am 11. Februar kamen die Porstendorfer in Gießen an und wurden zunächst im Otto-Eger-Heim untergebracht. Zwei Tage später ging es mit Fuhrwerken nach Staufenberg. Staufenberger Bauern hatten sie mit ihren Fuhrwerken abgeholt, deren Frauen hatten zur Begrüßung Erbsensuppe gekocht.

Nach der langen Reise wurde die Burg zum notdürftigen Zuhause. Mehrere Familien wohnten in einem Raum zusammen, die hohen Zimmer waren nur schwer zu heizen. Später stellte man Trennwände auf, sodass jede Familie einen eigenen Bereich hatte. Roland Hegers Familie zog bereits im Herbst 1946 ins Dorf. Im Lehrerwohnhaus der Schule teilten sich Mutter, vier Kinder, Tante und Großmutter einen Raum. 75 Porstendorfer waren in Staufenberg angekommen, 13 folgten später aus der Gefangenschaft nach. Staufenberg übernahm 1956 die Patenschaft für Porstendorf und ist heute Partnerstadt von Mährisch-Trübau, zu dem Porstendorf heute gehört.

Quelle: Gießener Anzeiger